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Pflanzenkohle: Enormes Potenzial für neue Produkte und Klimaschutz

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Ist es möglich, am Ende unserer Kaskade - der energetischen Verwertung - doch noch mehr aus unserem heimischen Rohstoff zu entwickeln? Die Experten Gerhard Soja und Torsten Becker sagen eindeutig „Ja“. Am Ende der bekannten Kaskade erhalten wir durch Pyrolyse Pflanzenkohle, einen neuen Rohstoff mit vielen positiven Eigenschaften und möglichen Anwendungsfällen.

Die erste Präsenzveranstaltung nach langer Zeit und schon eine spannende Diskussion darüber, wie der Rohstoff Holz in Form von Pflanzenkohle in neue Anwendungen kommen kann und dabei nicht nur Vorteile in den Materialeigenschaften mit sich bringt, sondern auch CO2 dauerhaft bindet.

Die Holzbranche gilt als Vorreiter der Nachhaltigkeit. Unser Rohstoff ist „grün“ und wir verwerten ihn bis zum letzten Sägespan – bei keinem anderen Rohstoff ist die kaskadische Nutzung so ausgereift und etabliert. Und sollte am Ende wirklich keine Nutzung mehr möglich sein, steht der Rohstoff immer noch als Co2 neutrale Energiequelle zur Verfügung. Mehr geht nicht? Doch!

Gerhard Soja, Vorstand des Vereins ÖBIKA (Österreichischer Verein für Biomasse-Karbonisierung) und Forscher an der BOKU Wien, erläutert warum CO2 Einsparung allein uns im Kampf gegen den Klimawandel nicht weiterhelfen wird. Es braucht Strategien, um bereits emittiertes CO2 auch aus der Luft dauerhaft zu speichern. Dabei genügt es nicht unsere Wälder außer Nutzung zu stellen. Denn bei Verrottung entweicht das gebundene CO2 wieder. Der Weltklimarat IPCC stellt sechs mögliche Ansätze von negativen CO2 Emissionen vor. Darunter die aktive Waldbewirtschaftung und Holznutzung sowie der Einsatz von Pflanzenkohle, denn diese hat unbestritten globales Potential.

Wichtig zu wissen ist dennoch – Pflanzenkohle ist nicht gleich Pflanzenkohle. Das Verfahren der Pyrolyse selbst ist uralt. Der Beruf des Köhlers ist aus dem Geschichtsunterricht noch bekannt. Dennoch lassen sich die Eigenschaften der Pflanzenkohle durch unterschiedliche Produktionsverfahren steuern. Zentrale Eigenschaft und Grundlage für viele mögliche Anwendungen ist die Porosität. Durch die hohe Porenanzahl wirkt der Rohstoff wie ein Schwamm zur Speicherung von Nähr- oder Schadstoffen. Zudem erschwert der Kohlenstoff den mikrobiellen Abbau. Pflanzenkohle überdauert hunderte Jahre im Boden. Und dieses Wissen wird auch in der traditionellen Veredelung und Holzkonservierung von Fassadenbrettern, dem japanischen Yakisugi, eingesetzt.

Die Carbonauten, mit Torsten Becker, gehen in Sachen Anwendung noch viel weiter. Das Unternehmen hat es sich zum Ziel gesetzt, nicht nur eigene Produktionsstandorte für Pflanzenkohle zu realisieren, sondern vor allem ihre Verwertbarkeit in einer Vielzahl an Produkten voranzutreiben. Um ökonomisch auf sicheren Beinen zu stehen ist es Ihnen wichtig, dass ihre Produktionsprozesse flexibel in der Wahl der Rohstoffe sind. Es soll gewährleistet sein, dass unterschiedlichste „Abfallstoffe“ verarbeitet werden können und so die Kosten von vorneherein niedrig bleiben. Denn bei einer Ausbeute von 3:1, also 3t Holz wird 1t Kohlenstoffe gewonnen, wirkt sich jeder Euro für den Rohstoff 3mal so stark auf den Preis des Endproduktes aus. Wobei auch hier die gewünschte Nutzung auf die Rohstoffqualität Einfluss hat. Ein Pflanztopf aus Pflanzenkohle gebunden z.B. mit einem Biopolymer, kann kompostiert werden. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass bei den Ausgangsstoffen darauf auch Rücksicht genommen wurde, dass keine Schadstoffe im Produkt verbleiben.

Die präsentierten Anwendungsmöglichkeiten sind mannigfaltig und beflügeln die eigenen Gedanken. Der Einsatz in der Landwirtschaft ist bereits anerkannt. Als Holzunternehmer Zulieferer mit Biokoks für die Stahlindustrie zu werden, die Produktion von kompostierbaren Kunststoffprodukten im Spritzgussverfahren oder Herstellung von Innenausbauplatten, klingt überraschender, zeigt aber auch das Potential der umsetzbaren Menge.

Fazit des informativen Nachmittages. Pyrolyseverfahren sind etabliert, aber die Weiterverarbeitung steckt noch in den Kinderschuhen. Daher ist hier der Schulterschluss zwischen Forschern, Visionären und Machern umso wichtiger!

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DI Robert Pirker
Projektmitarbeit


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